Medienpädagogik

Im Rahmen der LIN:K-Veranstaltung an der PH Thurgau, die ich derzeit besuche, habe ich eine Präsentation zum Thema Medienpädagogik gehört. Einiges war für mich neu und interessant, mit anderem war (und bin) ich nicht einverstanden. Deswegen habe ich mich dafür entschieden, heute über dieses Thema – oder besser gesagt, über einige Punkte des gehörten Vortrags – zu bloggen.

Befremdlich fand ich vor allem den ersten Teil des Vortrags. Dieser war, anders als der in meinen Augen weitaus gelungenere zweite Teil, weniger der Vermittlung von Informationen und Denkanstößen gewidmet, sondern der Erläuterung einiger Behauptungen, die für mich einen beinahe schon ideologischen Charakter hatte.

„Wir leben in einer Mediengesellschaft – Medien begleiten uns lückenlos durch unsern Alltag, in jedem Lebensbereich.“

Wirklich in jedem Lebensbereich? Was ist mit Aktivitäten, die im direkten zwischenmenschlichen Kontakt stattfinden? Was mit stundenlangen Spaziergängen im Wald, Schwimmen im See und Bergtouren? All diese Aktivitäten können, müssen aber nicht medienbegleitet sein. Selbstverständlich machen derartige „medienfreie“ Tätigkeiten in der Regel einen vergleichsweise kleinen Teil unseres Alltags aus und man wird sie wohl ausschließlich im privaten Bereich, keineswegs aber im Berufsalltag finden. Dennoch gibt es diese Inseln und ich bin froh darüber. Dies soll keineswegs bedeuten, dass ich nicht der Meinung bin, dass Medien eine wichtige Rolle spielen und dass es für uns als angehenden Lehrer und Lehrerinnen wirklich wichtig ist, dass wir uns mit Medienpädagogik beschäftigen. Da ich aber ohnehin eher zu den Multimedia-Skeptikern als zu den Fans gehöre, habe ich mich bereits an dieser ersten Aussage gestoßen.

Weiter geht’s:

Es wurde behauptet, dass Mündigkeit Medienkompetenz, verstanden als die Fähigkeit, mit den neuen Medien umzugehen, erfordere. Diese Aussage hat mich erstaunt. Wie viele der über Sechzigjährigen, vor allem Frauen, haben noch nie in ihrem Leben einen Computer eingeschaltet? Bedeutet das, dass eine ganze Generation, bzw. sogar zwei, wenn man die Hochbetagten mitrechnet, unmündig ist, abgehängt von der „wirklichen“, der „richtigen“ Gesellschaft? Wer, so hieß es, den Umgang mit neuen Medien nicht beherrscht, habe gravierende Nachteile gerade auch in seinem persönlichen Leben. Was ist mit den funktionierenden Dorfgemeinschaften, in denen den Älteren, oft engagierte Vereinsmitglieder, ein Festnetzanschluss, ihre Tageszeitung, Radio und Fernsehen zum Leben völlig ausreichen, denen absolut nichts fehlt. Benachteiligt? Unmündig? Was ist mit meiner knapp 93jährigen Großmutter, die geistig klarer ist als diverse 25jährige, aber von „Gombudern“ nichts weiß und nichts wissen will? Sind die Herrschaften auf dem Bild einfach nur hoffnungslos altmodisch, abgehängt von der modernen Gesellschaft?

https://i0.wp.com/www.taz.de/uploads/images/684x342/zeitungsleser_b.jpg

Quelle: http://www.taz.de/uploads/images/684×342/zeitungsleser_b.jpg

Hier kann man mir natürlich den Vorwurf machen, ich stürzte mich auf einige nebensächliche Aussagen und Begrifflichkeiten und vernachlässigte hierbei die wichtigen Dinge, nämlich die Tatsache, dass ich es als angehende Lehrperson eben nicht mit der Ü-60-Generation, sondern mit jungen Menschen zu tun haben werde, welche zumindest in ihrem späteren Berufsalltag ein hohes Maß an sowohl technischer als auch kritischer Medienkompetenz benötigen werden, und dass ich angemessen auf diesen Umstand reagieren muss. Das ist richtig, dennoch aber meine ich, dass man mit Äußerungen wie den oben kritisierten einen falschen Weg beschreitet. Die neuen Medien sind wichtig, sogar sehr wichtig, für viele Menschen, aber nicht für alle. Es gibt gleichberechtigte Lebensentwürfe, in denen die neuen Medien einen sehr viel geringeren Stellenwert haben als im Vortrag behauptet. Und ich sehe meine Aufgabe als Lehrerin nicht zuletzt auch darin, meinen Schülerinnen und Schülern eine große Bandbreite an möglichen Lebensentwürfen aufzuzeigen, darunter auch den des Facebook- oder Fernseh-Verweigerers. Ich möchte ihnen nicht beibringen, dass sie sich, wie ebenfalls im Vortrag behauptet, nach einer Medienlogik richten müssen, sondern ich möchte ihnen vermitteln, dass sie als aktive Mitglieder einer Gesellschaft immer auch die Chance haben, diese mitzugestalten, und damit letzten Endes auch eine kleine, sogar sehr kleine, aber immerhin doch vorhandene Möglichkeit haben, selbst zu bestimmen, wie groß die Rolle ist, die sie Medien, seien es die „alten“ oder die „neuen“, in ihrem Alltag zugestehen möchten.

E-Learning Tools für Geisteswissenschaften

Eine unserer Aufgaben im LIN:K-Kurs an der PH Thurgau besteht darin, ein E-Learning Tool vorzustellen. Hier fühlte ich mich zunächst einmal überfordert – offen gestanden hatte ich anfangs keine Ahnung, was ein E-Learning Tool überhaupt ist. Zum Glück gibt eseinen Wikipedia-Eintrag (s. obigen Link), der zahlreiche solcher Werkzeuge vorstellt. Auf diese Weise bekam ich schnell einen Überblick und eine ungefähre Vorstellung davon, was von mir erwartet wird.

Damit ergab sich jedoch gleichzeitig ein neues Problem. Wenn ich mich für eine Präsentation eingehend mit einem Thema beschäftige, so wäre es natürlich wünschenswert, wenn das fragliche Tool sich dann später auch einmal für meinen Unterricht verwenden ließe. Ich werde Deutsch, Philosophie und Geschichte unterrichten. Bei den meisten der in Wikipedia aufgelisteten bzw. von meinen Kommilitonen schon präsentierten Lernwerkzeugen konnte ich mir allerdings zunächst nicht so richtig vorstellen, wie ein sinnvoller Einsatz in meinem Unterricht aussehen könnte. An sich fand ich vor allem Podcasts und andere Hilfen für den Fremdsprachenunterricht überzeugend, außerdem berichteten angehende Sportlehrer von der Möglichkeit, Bewegungsabläufe zu analysieren oder zu demonstrieren, die sich in ihrem Unterricht bewährt hätten. Doch all diese Einsatzmöglichkeiten fallen bei mir weg.

Natürlich gibt es auch beinahe universell einsetzbare Seiten, wie beispielsweise quizlet. Doch scheint mir hier vor allem Faktenwissen im Vordergrund zu stehen, was ich in gewissen Grenzen am ehesten noch für das Fach Geschichte, weniger aber für Philosophie und Deutsch gebrauchen könnte. Auch Tools wie Avatare lassen sich prinzipiell immer verwenden, aber auch hier sehe ich keinen wirklichen Nutzen für meine Fächer – ein Kant-Avatar, der auf Mausklick die verschiedenen Formeln des Kategorischen Imperativs von sich gibt? Ich wurde zusehens skeptischer.

Dann allerdings begann ich ernsthaft zu suchen und stellte fest, dass es doch einige Möglichkeiten gibt. Gerade in einem Fach wie Philosophie, in dem es viel um Strukturen und Zusammenhänge geht, sind Programme wie beispielsweise FreeMind, mit dem sich gut strukturierte Mindmaps erstellen lassen, hilfreich. Außerdem merkte ich irgendwann, dass ich eine nahe liegende Möglichkeit übersehen hatte: die Erstellung eigener Wikis. Wikis sind ein Werkzeug, das sich in meinen Augen vor allem für Projektarbeit eignet, die sich ja zumeist über einen längeren Zeitraum erstreckt und im Team stattfindet. Wikis können hier zugleich Arbeits- und Präsentationsmittel sein. Jeder kann während der Arbeitsphase auf den gemeinsamen Text zugreifen und ihn weiterschreiben, verändern oder ergänzen. Es besteht die Möglichkeit, Bilder, Grafiken, Tondateien und Filme zu integrieren und am Ende das fertige Projekt der gesamten Klasse zugänglich zu machen. Daher habe ich mich schließlich auch dafür entschieden, Wikis zum Thema meiner Präsentation im LIN:K-Kurs zu machen.

Kaufe ich eine Gasmaske? – Gedanken über die Notwendigkeit von Smartphones

Es gibt eine bekannte Geschichte des Schweizer Schriftstellers, Kabarettisten und Liedermachers Franz Hohler. Sie stand in unserem Schullesebuch der vierten Grundschulklasse und sie hat mir schon damals gefallen. Sie heißt „Der Verkäufer und der Elch“.

Der Verkäufer hat Freunde, die ihn vor eine Herausforderung stellen: Ein wirklich guter Verkäufer sei er erst dann, wenn es ihm gelänge, einem Elch eine Gasmaske zu verkaufen. Daher macht er sich auf in den hohen Norden und versucht sein Glück, beißt aber erwartungsgemäß zunächst auf Granit:

„Guten Tag“, sagte er zum ersten Elch, den er traf, „Sie brauchen eine Gasmaske.“ „Wozu?“, fragte der Elch. „Die Luft ist gut hier.“ „Alle haben heutzutage eine Gasmaske“, sagte der Verkäufer. „Es tut mir leid“, sagte der Elch, „aber ich brauche keine.“ „Warten Sie
nur“, sagte der Verkäufer, „Sie brauchen schon noch eine.“

Der Verkäufer baut eine Fabrik, die die Luft so gründlich verpestet, dass der Elch schon bald von allein kommt und nicht nur für sich, sondern auch für die anderen Elche im Wald Gasmasken ordert. Die Strategie des Verkäufers ist also erfolgreich. Seine Fabrik produziert übrigens – Gasmasken.

Derzeit beschleicht mich immer häufiger der Gedanke, meine Situation sei der des Elchs nicht ganz unähnlich. Ich nutze das Internet gerne und eifrig als Informationsquelle. Ich kann mir fast nicht mehr vorstellen, wie das Leben früher war, als es noch keine E-Mails gab. Ich habe die Vorteile von elektronischen Semesterapparaten und Lernplattformen kennen und schätzen gelernt. Aber mein Handy liegt fast immer zu Hause, egal wo ich bin. Es handelt sich übrigens um ein Fabrikat, mit dem man telefonieren kann. Und SMS schreiben, aber das mache ich so gut wie nie. Und sonst nichts. Und es reicht mir völlig. Trotzdem frage ich mich, wie lange es noch dauern wird, bis ich mich genötigt sehe, Geld für ein Smartphone zusammenzukratzen, das ich meiner subjektiven Einschätzung nach nicht brauche. „Als Lehrer muss man das einfach haben, die Schüler haben es ja auch alle“, hat mir neulich eine Kommilitonin verraten. Aha.

Ich kann das „Argument“: „Du brauchst ein Smartphone, weil alle eines haben“ nicht als solches akzeptieren. Ich werde erst der Meinung sein, dass ich ein Smartphone brauche, wenn ich dessen Nutzen für meinen Alltag eingesehen habe, der zudem so groß sein muss, dass ich bereit bin, dafür mehrere hundert Euro auszugeben. Die Frage lautet also: Was haben Smartphone-Besitzer den anderen voraus? Sie können mit ihren Handys fotografieren und Filme aufnehmen – das kann ich mit meiner Kamera in sehr guter Qualität. Sie können die aufgenommenen Filme auf demselben Gerät wieder abspielen – das kann ich nicht, brauche ich aber auch nicht zu können, mir reicht dafür mein Notebook mit dem 17“-Bildschirm. Sie können jederzeit ins Internet – auf diese Weise können sie auch während einer Autofahrt ergoogeln, wie die wörtliche Bedeutung von „Utopie“ lautet. Ich hingegen muss unter Umständen mehrere Stunden warten, bis mir der nächste internetfähige Computer begegnet – eine Tragödie.

Technische Neuerungen hat es immer gegeben und sie wurden auch immer von den einen begeistert begrüßt, von den anderen dagegen misstrauisch beäugt. Sich generell gegen alles zu verschließen bedeutet, irgendwann den Anschluss zu verlieren – hierauf verweisen gerade auch viele Smartphone-Besitzer gerne und mit Recht. Die Welt verändert sich und wer nicht stagnieren möchte, muss sich auf bestimmte Entwicklungen einlassen. Gerne wird bei solchen Überlegungen aber übersehen, dass Veränderungen nicht einfach „passieren“. Ein neues Medium kann sich nur durchsetzen, wenn es ausreichend viele Leute gibt, die es nutzen. Ebenso entsteht ein Bedarf an bestimmten Konsumgütern – und das sind Smartphones ja nicht zuletzt auch – nicht über Nacht und ganz von selbst. Mir scheint es vielmehr so zu sein, dass Bedürfnisse oft zunächst künstlich erzeugt werden, um sie hernach befriedigen zu können, mit satten Gewinnen für Rohstofflieferanten, Hersteller und Zwischenhändler. Die Marketingstrategen haben Erfolg. Vielleicht haben sie ja Hohlers Geschichte gelesen.

Ob ich als Lehrerin dann tatsächlich einmal ein Smartphone brauchen werde, wird sich mit zunehmender Berufserfahrung herausstellen. Vielleicht erweisen sich die diversen Funktionen des Geräts als so praktikabel und motivierend für die Schüler, dass ich irgendwann zu dem Schluss komme, es sei ein unverzichtbares Medium guten Unterrichts. Ich glaube nicht daran, aber ausschließen kann ich es nicht. Wir werden sehen…

PS: Wer die Geschichte vom Elch und der Gasmaske nachlesen will, findet sie hier.